Vlad Atanasiu, De la fréquence des lettres et de son influence en calligraphie arabe, Paris, L'Harmattan, 1999.

Compte rendu par Annemarie Schimmel, Der Islam, 77/2 (2000): 380–381.

De la fréquence des lettres
et de son influence en calligraphie arabe

»Ein indopersischer Dichter schreibt einmal, man solle eine gute Sache auch in einem nicht passenden Gewand erkennen: der Koran bleibt ja gut, selbst wenn er in nasta'lîq geschrieben sei.

»Diese Bemerkung deutet auf das gleiche Gefühl hin, auf das Vlad Atanasiu hinweist, wenn er vom Zögern der Araber spricht, den anmutigen persischen kalligraphischen Stil, das nasta'lîq, anzuwenden, selbst wenn zeitgenössische Kalligraphen der östlichen islamischen Welt nicht zögern, auch längere arabische Texte in nasta'lîq zu schreiben.

»Doch der verschiedenartige Charakter des Arabischen und des Persischen bzw. der in erster Linie unter persischem Einfluss entwickelten Sprachen des östlichen islamischen Raumes hat sich ganz deutlich auch in der Kalligraphie niedergeschlagen, und klassische persische Texte in naskh, wie sie auch Indien bekannt sind, wirken oft recht hart.

 

»Die vorliegende Studie unternimmt es, die den Kalligraphen wohl intuitiv bekannten Tatsachen wissenschaftlich zu untermauern. Kein Zweifel, dass die hohen schlanken Buchstaben wie alif und in zweiter Linie lâm allein schon durch ihren ständigen Gebrauch im arabischen Artikel al und im Gottesnamen allah eine Sonderstellung einnehmen (nicht umsonst ist das Glaubensbekentnnis lâ ilaha illâ allah ungezählte Male als Dekoration verwendet worden). Sie bestimmen daher auch den Charakter der im arabischen Bereich entwickelten Kalligraphie, wärend im persischen Raum die lang ausschweigende Endbuchstaben wie und die Bewegung von rechts nach links unten geradezu erforden - eine Bewegung, die im Shikasta noch deutlicher wird.

»Der Verf. geht diesen und anderen Phänomenen nach, spricht von den auch bei Qalqashandî erwähnten kryptographischen Möglichkeiten, und schöpft reiche Informationen aus arabischen wie westlichen Quellen. Vielleicht hätten die Sonderentwicklungen in der koranischen Kalligraphie im Maghrib und in Indien (Bihâri) noch kurz erwähnt werden können. Erfreulicherweise nimmt der Autor auch das Zeugniss der Poesie ernst und zieht intressante Parallelen zwischen poetischer Rezitation und Kalligraphie, vor allem in dem Drang nach rythmischer Darstellung, der ja ein Kennzeichen guter islamischer Kalligraphie ist und sich in dem sogenannten mashq der persischen Kalligraphen besonders klar zeigt, wo der Sinn völlig hinter der schwingenden Form zu verschinden scheint.

»Im letzten Teil seiner Arbeit wendet sich Atanasiu moderner Methoden der Computerprogrammierung zu.

»Ein paar kleine Verbesserungen: S. 62 1. Indje Minareli, nicht djami ; S. 84 huwa, nicht huwwa ; S. 113 Anm. mu'allaqa, nicht mu'alaqa ; S. 118 steht das mashq auf dem Kopf.

 

»Das Buch erfreute den Spezialisten für islamische Kalligraphie durch seinen scheinbar ungewöhnlichen, aber durchaus legitimen Weg, die Eigenheiten der islamischen Kalligraphie verständlich zu machen. Es sollte von jedem, der diese islamischste aller Künste liebt und praktiziert, gelesen werden - nicht zuletzt auch um des charmanten Schlusswortes willen, in dem der Autor, den Schutzgeist der Manuskripte, Kabikadj, anrufend, seine Inspiratoren Dank sagt.«

Annemarie Schimmel
Bonn

 

Annemarie Schimmel (1922–2003) fut professeur aux Universités de Harvard, Bonn, Ankara, Marburg. Dans sa longue carrière scientifique et ses quelques 80 livres et traductions elle s’est remarquée par ses études de littérature poétique arabe, turque, persane et hindi et de mystique musulmane. Dans le domaine de la calligraphie elle a publiée notamment Calligraphy and Islamic culture et Islamic calligraphy. Annemarie Schimmel fut par ses ouvrages la principale autorité occidentale a avoir démontrée l’importance et l’étendue de l’adâb calligraphique - autant littéraire que savoir-vivre - pour la civilisation musulmane.

Annemarie Schimmel Avenue, Lahore, Pakistan
Annemarie Schimmel Avenue,
Lahore, Pakistan